Interkultureller Austausch mit Indern und Südafrikanern
„Bildung ist der Schlüssel zu einem besseren Leben“ – unter diesem Slogan stand der Besuch einer indischen und südafrikanischen Kolping Delegation von 23.-27. September 2023 in Augsburg. Zwei Nationalpräsides hatten sich im Vorfeld der Generalversammlung von Kolping International auf Einladung des Diözesanvorstandes auf einen interkulturellen Austausch eingelassen. Father Dr. Maria Soosai, indischer Nationalpräses wurde von Nationalvorsitzendem Cyril Thomas, Antony Sola und Vinopriya Jamesh, zwei Mitarbeiterinnen des Nationalbüros und dem Projektkoordinator Ronald Sebastian begleitet. Judith Turner, Nationalsekretärin und Kizito Gugah Nationalpräses reisten aus Südafrika an. Das Motto „Bildung“ zeigte sich im vielfältig buntem Programm in Kolping-Einrichtungen sowie den Besuchen bei Kolpingsfamilien.
Nach Ankunft aller Beteiligten gab es ein „warm welcome“ durch Diözesanvorsitzenden Robert Hitzelberger, Vera Heinz vom Diözesanvorstand und Mitarbeitenden im Diözesanbüro überreicht. Zwei Mitglieder der Projektgruppe Internationale Jugendbegegnung kamen hinzu, um einen Einblick in die internationale Jugendbegegung „youth experience“ mit Jugendlichen aller drei Partnerländer im kommenden Jahr zu geben.
Alte und neue Bekannte
Am Samstagmorgen erfuhren die Gäste bei einer Stadtführung, dass das Bistum neben dem Heiligen Ulrich noch zwei weitere Bistumsheilige hat. Römische Funde, Reformationsgeschichte, das Turamichele in Aktion und Markttreiben auf dem Stadtmarkt gaben einen Einblick in die Augsburger Geschichte. Am Nachmittag hatten sich Kolpingmitglieder und –freunde sowie Spender*innen der Kolpingstiftung-Rudolf-Geiselberger im Kolpinghaus getroffen. Für Einige gab es ein freudiges Wiedersehen. Die Anwesenden erfuhren, wie durch verschiedenste Projekte in Indien und Südafrika den Menschen eine Tür zu einem besseren Leben aufgeschlossen wird. Zwei erfolgreiche südafrikanische Projekte sind das „Work Opportunity Program“ (WOP) für benachteiligte Jugendliche und SPARK („Funke“) für junge Mütter. Beiden liegt ein erster Baustein zugrunde: die Befähigung jedes Einzelnen, seinen Selbstwert zu erkennen, diesen zu stärken und nach persönlichen Zielen zu forschen. Im SPARK Programm schließt sich ein Erziehungskurs an und daran oft auch, wie bei WOP, die Möglichkeit eine Ausbildung zu erlangen. Daneben gibt es zwei neue Projekte im Bereich der Landwirtschaft und des Gartenbaus. In beiden Projekten geht es darum, Menschen zu befähigen, ihre eigene Lebensmittel zu produzieren und dadurch ihre Selbstversorgung zu verbessern. Aus diesen Projekten sind schon mehrere Kolpingsfamilien entstanden, so berichtete Nationalsekretärin Turner.
Um Produktion und Verkauf von Lebensmitteln geht es auch in Indien. Mit dem unterstützten Kauf eines Milchviehs ist es den Frauen möglich für sich und die Familie einerseits eine eigene Versorgung zu gewährleisten und andererseits durch den Verkauf von weiterverarbeiteten Produkten das Familieneinkommen zu sichern. „Ob groß oder klein, es ist mein Zuhause. Es gibt mir ein Gefühl von Privatsphäre und Identität“, zitiert Ronald Sebastian ein Kolpingmitglied aus Indien, dass durch die Unterstützung der Augsburger Kolpingstiftung-Rudolf-Geiselberger ein kleines Haus für seine Familie bauen konnte. Ähnlich wie bei diesem Hausbauprojekt, sind vor allem auch viele Frauen dem indischen Nationalverband für die Unterstützung durch das Sanitär-Projekt dankbar. Mit einem Zuschuss und Kredit wird der Bau einer Toilette unterstützt.
Seit Gründung der Kolpingstiftung-Rudolf-Geiselberger im Jahre 1987 konnten durch die wohlwollenden Spender*innen so insgesamt 5 Millionen Euro für Projekte beider Länder weitergereicht werden.
Zum Abschluss des Treffens wurde ein internationaler Gottesdienst in der Kolping Hauskapelle gefeiert.
Bewegt
Das Vermächtnis Jesu und Kern des christlichen Glaubens, die Eucharistie durften nicht nur die Delegationen, sondern alle Gottesdienstbesucher im hohen Dom zu Augsburg an diesem Sonntagmorgen feiern. Diözesanpräses Wolfgang Kretschmer stand der Heiligen Messe unter Konzelebration der beiden Nationalpräsides vor.
Gleich anschließend ging es nach Waal, zum dortigen Passionsspiel. Rund um den Autor und Regisseur Reinhold Dempf lösen die Waaler in 18 Vorstellungen ihr Versprechen aus dem Jahr 1621 ein. Als Dank für die Bewahrung vor der Pest führen rund 220 Ehrenamtliche, darunter auch viele Kolpingmitglieder, die Passion auf. Die auch den Gästen bekannte Geschichte, Musik und Dramaturgie trugen dazu bei, dass auch ohne die verständliche Sprache das Spiel die Herzen erreichte. Bewegt und sichtlich gerührt zeigten sich die Gäste auch bei den anschließenden Gesprächen mit dem Regisseur sowie den Darstellern von Jesus (Benedikt Hornung) und Judas (Johannes Kellner). Den Auftrag, die Geschichte der Passion weiterzutragen folgten die Gäste und erlebten bei der Begegnung mit der Kolpingsfamilie Neusäß im dortigen Bierzelt bayerisches Leben pur.
Geben und nehmen
Mit Spannung und bereits vielen Fragen im Gepäck starteten die Delegationen nach Kempten. Die Internationale Kolping-Pflegeschule wurde besucht. Neben Geschichte und Zahlen der noch jungen Einrichtung, waren die Aufnahmebedingungen sehr interessant. Alle erhielten einen Einblick in den Ablauf des Schulalltags und im Gespräch mit Lernenden konnten Informationen ausgetauscht werden.
Interessiert zeigten sich die zahlreichen Kolpingmitglieder in Marktoberdorf, welche die Gäste willkommen hießen. Beeindruckt von den vorgestellten Bildungsprojekten konnte spontan ein Betrag von 150 € an den Vorsitzenden der Kolpingstiftung-Rudolf-Geiselberger, Wolfgang Kretschmer übergeben werden.
Visionen
Ganz im Thema der „Visionen“ stand der letzte Besuchstag mit Stationen in Höchstädt und Gundelfingen. Mit einer Vision und Tatkraft wurde in Gundelfingen vor vielen Jahren ein Montessori-Kinderhaus gegründet und mittlerweile gibt es auch einen Waldkindergarten. Die Vorschulkinder, der Ortspfarrer und Vertreter der Kolpingsfamilie vor Ort erwarteten die Gäste ganz gespannt. Nach einem Tanz der Kinder erzählten sie den Gästen von ihrer jährlichen Backaktion, mit deren Erlös sie jedes Jahr anderen Menschen zu einem besseren Leben verhelfen möchten. Wie in Indien und Südafrika das geht, erklärten die Gäste den Kindern anhand der mitgebrachten Bilder. „Wir konnten viele neue Ideen und Konzepte kennenlernen“, so schilderte Ft. Maria Soosai begeistert seine Eindrücke von den besichtigten Einrichtungen.
An Visionen fehlte es auch nicht im Höchstädter Rathaus. Bürgermeister Manneth, der Kolpingmitglied ist, stellte mit Stolz seine Heimatstadt vor. Zu den Delegationen sowie deren Begleitungen aus dem Diözesanvorstand gesellten sich Vertreter der Kolpingsfamilie Höchstädt sowie deren Präses Stadtpfarrer Daniel Ertl, Pfarrer Donatus Uzoagwa sowie Donatus Okpokpo (aus Nigeria und dort ehemaliger Kolping-Diözesanpräses). Die historische Bedeutung Höchstädts und wie sich die Stadt künftig entwickeln soll, beeindruckte. Der Eintrag ins goldene Buch der Stadt schloss den Besuch im Rathaus ab. Stadtpfarrer Ertl führte die Gruppe zur Stadtpfarrkirche, die trotz Gerüst einen imposanten Eindruck bei den Gästen hinterließ. Vertreter der Kolpingsfamilien aus dem Bezirk Mittel-Donau lauschten ebenfalls den Ausführungen des örtlichen Kolpingpräses Ertl, bevor es im Pfarrheim geselliger wurde. Alle Kolpingsfamilien stellten dort ihr Highlight aus dem Jahresprogramm vor, und die Gäste waren von der Fülle und Vielfalt überrascht. Auch sie berichteten ihrerseits von den mitgebrachten Projekten.
Dank und Hoffnung
Versehen mit guten Wünschen und der Nachbildung des Ulrichskreuzes machten sich die Delegierten der Nationalverbände zur Generalversammlung nach Köln/Bensberg auf. Beide Nationen drückten ihre Dankbarkeit aus, dass sie mit so vielen Ideen, neuen Kontakten, und herzlichen Begegnungen weiterreisen konnten. Als besonders bereichernd empfanden sie allerdings auch den Austausch untereinander. Der Name und das Vermächtnis Adolph Kolpings verbindet Indien, Südafrika und Augsburg. Und dennoch: die konkrete Umsetzung von Kolpings Werk sieht in jedem Kontinent anders aus. Ähnlich und doch nicht gleich, so lassen sich auch die Konzepte in Bezug auf Bildung zusammenfassen. Im Mittelpunkt steht jedoch immer der einzelne Mensch, dem durch Kolping ein besseres Leben geschenkt wird. Dies so direkt zu erfahren, -lernen und daraus zu schöpfen war ein gelungenes Experiment und lässt freudig auf die Jugendbegegnung 2024 hoffen.
Die Delegationen wurden während ihrer Reise begleitet von den Diözesanvorstandsmitgliedern Wolfgang Kretschmer, Vera Heinz, Jakob Kehrle und Thomas Ermisch.